Als Luther seine Thesen am Eingang zur Wittenberger Schlosskirche festnagelte, konnte er nicht ahnen, dass er damit den Lauf der Weltgeschichte in neue Bahnen lenkte. Ihm ging es darum, die Missstände in der katholischen Kirche, die über Jahrhunderte eine unangefochtene Machtposition innehatte und sich durch Korruption, Habgier und Machtmissbrauch immer mehr selbst zerfraß, offen anzusprechen. Rückblickend wird seine Provokation gleichgesetzt mit dem Beginn der Reformation, in deren Zug nicht nur die Kirche, sondern ganz Europa umgepflügt werden sollte. Wirklich gelesen haben Luthers Thesen wohl die wenigsten - aber es lohnt sich, das nachzuholen. Luthers bissiger Stil, der seine spätere, unnachgiebige Haltung bereits durchblicken lässt, hat über die Jahrhunderte nichts an Kraft verloren. Ein faszinierendes Zeitdokument, das uns die Möglichkeit gibt, diesem radikalen Erneuerer bei der Strukturierung seiner Gedanken gleichsam zuzuschauen.